Neuer Ausgabenskandal für Le Pens EU Fraktion
Marine Le Pens Fraktion im Europäischen Parlament, Europa der Nationen und Freiheit (ENF), hat möglicherweise fast eine halbe Million Euro an Steuergeldern falsch verwendet.
Ein Bericht der Wirtschaftsprüfer von EY (früher Ernst & Young) vom 19. Mai 2017, der von EUobserver gesehen wurde, besagt, dass die Fraktion nicht ihre Haushaltsverpflichtungen bei "10 Dienstleistern in einem Gesamtwert von € 492.506,88" eingehalten hat. Weitere € 53.876,31 an Mitteln wurden ebenfalls nicht belegt.
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EY wurde als externer Wirtschaftsprüfer für die ENF Fraktion beauftragt. Die Aufgabe des Wirtschaftsprüfungsunternehmens war Teil eines Standardverfahrens zur Rechnungsprüfung von EU-Gelder, die dem ENF gewährt und die von diesem genutzt wurden.
Die Fraktion ENF wurde Mitte 2015 gegründet und umfasst rechtsextreme und aggressive Anti-EU Mitglieder wie Le Pens Front National, Italiens Lega Nord und Österreichs Freiheitliche Partei.
Die EU finanziert seit 2004 paneuropäische Parteien mit dem Ziel das Interesse an Europawahlen zu steigern. Jedoch verbieten die Regeln des Europaparlaments den Abgeordneten und ihren Fraktionen diese Gelder für nationale Wahlen oder Volksabstimmungen auszugeben.
Die "Fälle der Nichteinhaltung" von Regeln, die die Rechnungsprüfung von EY aufführt, folgen auf eine separate Untersuchung der ehemaligen französischen Präsidentschaftskandidatin.
Die frühere Untersuchung beschuldigte sie bereits Gelder des Europaparlaments für ihre nationalen politischen Ambitionen missbraucht zu haben, indem sie Assistenten für Aufgaben bezahlte, die nicht im Zusammenhang mit der EU standen.
Der belgische Europaabgeordnete der Grünen, Bart Staes, der im Haushaltskontrollausschuss des Parlaments sitzt, sagte zu EUobserver, dass die Zahlen von EY beunruhigend seien. "Wenn es wahr ist, dann ist das ein großes Problem", sagte er. Er fügte hinzu, dass der Generalsekretär des Europaparlaments, Klaus Welle, möglicherweise das Geld zurückfordern müsse.
Der Schatzmeister des ENF, Gerolf Annemans, bestritt in einer Stellungnahme jegliches Fehlverhalten und stellte fest, dass sie den Bericht von EY voll und ganz unterstützen. "Es besteht kein Zweifel über Betrug oder Schummeleien, wie der Bericht ausdrücklich festhält", sagte er.
Hohe Kosten für Personal und Werbung
Die 13-seitige Rechnungsprüfung wurde auf Grundlage von neuen Informationen erstellt, die EY im Mai erhielt. Die Information stellen die Finanzierung der Fraktion während des Jahres 2016 im Detail dar.
Die von EY enthüllte Unstimmigkeit von einer halben Million Euro gerät in Konflikt mit den Beschaffungsregeln des Europaparlaments hinsichtlich des sogenannten Etatposten 400, der regelt, wie das Geld unter den Fraktionen aufzuteilen und zu benutzen ist.
Es ist nicht sofort offensichtlich, wie und wo das Geld ausgegeben wurde, aber die Zahlen, die von der Rechnungsprüfung vorgelegt wurden, zeigen eine massive Kostensteigerung bei Personal, Werbung sowie bei "politischen und Informationsaktivitäten der nationaler Delegationen" im Vergleich zu dem vorherigen Berichtszeitraum.
Da die ENF jedoch erst Mitte 2015 gegründet worden war, erhielt sie für jenes Jahr kein volles Budget. Sie erhielt 2015 erstmalig einen Zuschuss in Höhe von €1,5 Mio. Im Jahr darauf erhielt sie €3,2 Mio.
Die Rechnungsprüfung von EY kommt für Le Pen zu einem heiklen Zeitpunkt.
Eine frühere Untersuchung ihres Front National hatte sie beschuldigt das Europaparlament um beinahe 5 Millionen Euro betrogen zu haben, um Personal für die Parteiarbeit in Frankreich zwischen 2012 bis ins Vorfeld der Präsidentschaftswahl im Mai 2017, zu bezahlen.
Ein Anhang des letzten Berichts stellte zum Beispiel fest, dass die Europaabgeordneten mehr als die Hälfte des Gesamtbudgets der Fraktion, das der Fraktion 2016 vom Europaparlament zu Verfügung gestellt wurde, ausgegeben haben.
Fast ein Viertel davon floss in "Plakate, Broschüren und Hefte", gefolgt von großen Ausgaben für Anzeigen im Internet und Personal.
Ein ähnlicher Betrag von etwa 500.000 Euro wurde gemäß eines anderen Rechnungsprüfungsberichts, der zuerst von der Zeitung Guardian im November gesehen wurde, von der Allianz für die direkte Demokratie in Europa, der Fraktion, die von den Europaabgeordneten von Nigel Farages Anti-EU Independence Party (Ukip) dominiert wird, falsch ausgegeben.
Nicholas Aiossa von der Nichtregierungsorganisation Transparency International sagte, dass absolute Klarheit darüber nötig sei, wie alle Europaabgeordneten und Fraktionen öffentliche Gelder ausgegeben haben.
"Diese gegenwärtige Enthüllung drehen sich um eine Fraktion, deren Mitglieder bereits in eine systematische Untersuchung hinsichtlich des Missbrauchs von EU-Mitteln, die Europaabgeordneten des Front National und ihre Assistenten betreffen, verwickelt sind", sagte Aiossa vom Brüsseler Büro von der NGO.
Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Englisch veröffentlicht.