Putin mischt sich in französische Wahlen ein
Der russische Präsident Wladimir Putin empfing am vergangen Freitag (24. März) die rechtsextreme französische Präsidentschaftsanwärterin Marine Le Pen im Kreml.
Bei dem Treffen behandelte Putin Le Pen, als ob sie bereits die nächste französische Präsidentin sei, ungeachtet der Tatsache, dass das französische Volk erst in einem Monat darüber entscheiden wird.
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Der Empfang, den der russische Präsident der französischen Anti-EU Politikerin im Kreml zu Teil werden ließ, ist eine Ehrerweisung, die normalerweise ausschließlich ausländischen Staats- und Regierungschefs vorbehalten ist.
"Selbstverständlich weiß ich, dass der französische Wahlkampf an Fahrt aufnimmt", sagte Putin und fuhr fort: "Wir wollen [aber] auf keine Art und Weise Einfluss auf die Ereignisse [in Frankreich] nehmen, jedoch behalten wir uns das Recht vor, mit Vertretern aller politischen Kräfte des Landes zu sprechen."
"Ich weiß, dass Sie [Le Pen] eine Gruppe von rasch wachsenden, europäischen, politischen Kräften repräsentieren," erklärte Putin, bezugnehmend auf die gestiegene Popularität von rechtsextremen Parteien, wie Le Pens Front National, in anderen europäischen Staaten.
Le Pen, die Umfragen zu Folge zwar die erste Runde der französischen Präsidentschaftswahlen am 23. April gewinnen, jedoch in der Stichwahl am 07. Mai unterliegen wird, nutzte die am vergangenen Mittwoch in London begangenen terroristische Gräueltaten als Bestätigung für die von ihr propagierte Außenpolitik. Diese sieht vor, die französischen Beziehungen zu Russland zu vertiefen.
Hierzu sagte sie: "Sie wissen, was sich vor ein paar Tagen in Großbritannien ereignet hat. Ich denke es wäre hilfreich, wenn nachrichtendienstliche Erkenntnisse zwischen unseren Ländern ausgetauscht würden."
Ferner wies Le Pen Spekulationen zurück, dass die russische Unterstützung während des laufenden französischen Wahlkampfes an Bedingungen geknüpft sei und unterstrich: "Ich bin eine völlig freie Frau ... Ich will nicht unter Russlands Knute stehen."
Zwar war Le Pen bereits in der Vergangenheit in Moskau um mit Parlamentariern Gespräche zu führen, jedoch war das Treffen mit Putin das erste seiner Art.
Die französische Politikerin, die angekündigt hat ein Referendum nach Vorbild des Brexit über Frankreichs Austritt aus der EU abhalten zu wollen, besuchte ausserdem eine Ausstellung im Kreml, die Frankreichs vergangenem, imperialen Ruhm zu Zeiten des Sonnenkönigs Ludwig XIV gewidmet ist.
Putin hatte im vergangenen Jahr bereits zwei weitere pro-russische Politiker Frankreichs getroffen. Den Mitte-Rechts Präsidentschaftskandidaten Francois Fillon sowie den ehemaligen Mitte-Rechts Präsident Nikolas Sarkozy.
Nachdem die Umfragewerte des skandalumwitterten Fillon eingebrochen sind und Sarkozy sich aus dem Wahlkampf zurückgezogen hat, verbleibt nur noch Le Pen als mögliche Verbündete Russlands.
"Unerhört?"
In einem Gespräch, das EUobserver am vergangenen Freitag mit dem sich in Moskau aufhaltenden, russischen Oppositionsführer und ehemaligen Abgeordneten Michail Kasyanow führte, sagte dieser, dass Putins Behandlung für Le Pen eine "unerhörte" Einmischung in die französische Innenpolitik darstelle.
"Ich war davon überrascht", sagte Kasyanow und fügte an: "Herr Putin hat sich in die französische Wahl dadurch eingemischt, dass er sie in den Kreml für eine Art von Unterhaltung eingeladen hat, wie er sie normalerweise nur mit ausländischen Regierungschefs führt."
Am Freitag wurde Putins Anspruch auf Nicht-Einmischung vom kremlnahen Sender Life.ru widersprochen als dieser einen Artikel mit dem Titel 'Moskau hilft Le Pen die Wahl zu gewinnen' veröffentlichte. Wenige Minuten nach der Veröffentlichung war der Artikel aber bereits wieder verschwunden.
Bereits 2014 hatte Le Pen eingestanden, dass ihr von einer Bank mit Verbindungen zum Kreml ein Darlehen in Höhe von 9 Millionen Euro gewährt worden war.
Le Pens Schatzmeister, Wallerand de Saint-Just, betonte daher am Freitag, dass sie nicht um weiteres russisches Geld gebeten habe. Ebenso unterstrich der Sprecher des Kremls, Dmitry Peskov, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass Putin und Le Pen nicht über finanzielle Hilfen gesprochen hätten.
Kasyanow legte jedoch nahe, dass solche Aussagen mit Vorsicht zu genießen seien. Dem EUobserver gegenüber erklärte er: "Erneute [finanzielle] Unterstützungen sind zu erwarten ... Niemandem kann in diesem dreckigen Spiel geglaubt werden."
Pro-Le Pen Propaganda
Neben Geldern erhält Le Pen ausserdem auch Unterstützung durch Russlands ausländische Propagandamaschinerie.
So berichtete die vom Kreml finanzierte Nachrichtenagentur RT Francais am vergangenen Freitag, dass Russland Le Pen helfen könne, die Franzosen gegen Terroristen und Migranten zu verteidigen.
Auch wird Le Pens Anti-Migrationsrhetorik durch die französischsprachige Pro-Kreml Website, CrossCheck, unterstützt. Im Februar lancierte die Webseite eine erfundene Geschichte, die besagte, dass ein Mann aus dem nordafrikanischen Raum einen französischen Priester angegriffen hätte und dass die Tat von den französischen Medien vertuscht würde.
Daneben verbreiteten weitere auf Französisch erscheinende, russische Medien das haltlose Gerücht, dass Le Pens Pro-EU Widersacher, Emmanuel Macron, eine homosexuelle Liebesbeziehung unterhalte und ein Agent von US-Banken sowie Saudi-Arabiens sei.
In einer Einschätzung gegenüber EUobserver erklärte Jakub Janda, Experte für russische Propaganda beim Prager Think Tank European Values: "Ich erwarte, dass mehr Anti-Macron-Kampagnen kommen werden. Das russische Ziel ist klar: Jeder außer Macron."
Janda fügte hinzu: "Sein [Macrons] Wahlkampfteam hat bereits geäußert, dass es [russische] Bemühungen gebe, sie zu hacken. Die französischen Geheimdienste haben das ebenfalls so verlautbart... Die einzige Frage ist, in wie weit sie [russische Anstrengungen] in der Lage sind, Macron zu schaden."
Bevor Le Pen am Freitag auf Putin traf, war sie vom Auswärtigen Ausschuss des russischen Parlaments mit blauen Rosen und Küsschen empfangen worden. Dort sprach sie sich dafür aus, dass die EU ihre Sanktionen gegenüber Russland aufheben solle.
Daneben machte sie die haltlose Behauptung, dass ukrainische Soldaten in den von Russland besetzten Gebieten der Ost-Ukraine auf Zivilisten schießen würden. Dies bezeichnete sie als "Kriegsverbrechen."
Le Pen sagte ferner, dass ihre "eigene Sichtweise auf die Ukraine identisch zu der russischen sei."
Le Pen über Kriegsverbrechen
Putin hatte zur Unterstützung des syrischen Regimes, welches von Moskau als strategischer Verbündeter betrachtet wird, Zivilisten und Krankenhäuser bombardieren lassen. Diese Bombardierungen sind von den EU-Staaten sowie den Vereinten Nationen als Kriegsverbrechen eingestuft worden.
Le Pen sagte jedoch, dass Putin Europa mit den Angriffen auf muslimische Extremisten in Syrien geholfen habe. So äußerte sie im Wortlaut: "Der Fundamentalismus zieht sich langsam zurück, auch dank Russlands Hilfe, die ihm durch die Intervention in Syrien einen schweren Schlag versetzt hat."
Bereits am Donnerstag erklärte der russische Außenminister, Sergej Lawrow, dass Spekulationen Russland wolle sich in die französischen Wahlen einmischen "erfunden" seien und lobte im Anschluss Le Pen als eine Anführerin, die "Realistin beziehungsweise Globalisierungsgegnerin" sei.
Kasyanow führte weiter gegenüber EUobserver aus, dass Putin Le Pen und anderen, wie der Anti-EU und rechtsextremen Politikerin Frauke Petry helfe, um die EU "zu teilen und zu schwächen."
"Die französischen und deutschen Wahlen sind zwei entscheidende Punkte in diesem Jahr. Seine Außenpolitik wird daran ausgerichtet,“ so Kasyanow.
Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Englisch veröffentlicht.